Skip to product information
1 of 1

NAVA, DIE UNWIDERSTEHLICHE DÄMONENJÄGERIN-SALIGIA (Taschenbuch)

NAVA, DIE UNWIDERSTEHLICHE DÄMONENJÄGERIN-SALIGIA (Taschenbuch)

Regular price £9.99
Regular price Sale price £9.99
Sale Sold out
Taxes included.

Alle Taschenbücher sind vom Autor digital signiert. 

Das Spiel ist aus!

Da sowohl die Bruderschaft als auch einige Hexen es auf Nava abgesehen haben, schließen die Leute bereits Wetten ab, wer sie zuerst erledigen wird.

Ganz zu schweigen davon, dass ihre ramponierte Beziehung gerade in den Fokus gerückt wurde, um einen der tödlichsten Dämonen zu bekämpfen, denen sie je gegenüberstand. Ein Dämon, der sie und Rohan dazu zwingen wird, sich ein für alle Mal ihren eigenen inneren Dämonen zu stellen.

Nava macht sich auf den Weg nach Los Angeles, um mit ihrem kühnen Vorhaben zu beginnen – und zwar an allen Fronten – aber kann sie ihre Feinde aufhalten, bevor diese sie endgültig vernichten?

Und wer wird noch sterben müssen?

Alles oder Nichts, Baby.

Mit einer frechen Heldin, knallharter Action und einer pikanten Romanze trifft uns dieses urkomische Abenteuer mitten ins Herz, wenn man am wenigsten damit rechnet.

Eine freche Heldin, knallharte Action und eine pikante Liebesgeschichte. Dieser urkomische Abenteuerroman trifft einen mitten ins Herz, wenn man am wenigsten damit rechnet.

READ A SAMPLE

Kapitel 1

Die fünf geleakten Songtitel aus Rohans neuem Album, die ich in den Fanforen gefunden hatte, waren entweder A) über mich geschrieben worden, weil Rohan öffentlich seine Versöhnung bekunden wollte, B) nicht über mich geschrieben worden, weil ich nicht mehr textwürdig war, oder C) über mich geschrieben worden, aber in einem völlig unvorteilhaften Licht.

„Silver Lining – Silberstreif“ war der erste Titel, von dem ich gelesen hatte. Ein Fall für Szenario A oder C, je nachdem, ob ich der Silberstreif am Horizont der Tragödien war, mit denen Rohan in seinem Leben konfrontiert war, oder ob ich selbst als die Tragödie galt. Und wenn es Letzteres war, wie hieß dann dieser Silberstreif? Denn sie und ich würden noch ein Wörtchen zu reden haben.

Der nächste Titel lautete „Tourniquet of Phrase – Abgeschnürte Worte“, was einfach nur gemein war und darauf hindeutete, dass er die Worte, die aus meinem Mund kamen, ersticken musste. Noch ein Fall für Spalte ‚C‘.

„Rhapsody in You – Loblied auf dich.“ Der Magic 8 Ball, den ich als Kind drei Tage lang hatte, bis Ari ihn auseinandernahm, um zu beweisen, dass er weder Magie noch Wissenschaft enthielt, hätte sich für die Spalte ‚A‘ entschieden. „Alle Zeichen deuten auf Ja hin.“

Es sei denn, mit dem ‚dich‘ im Titel war nicht ich gemeint.
Weiter im Text.

„Asp.“ Wie die Todesviper, die Kleopatra getötet hatte?

Dachte er, ich würde sein Tod sein? Ernsthaft? Ich hatte seinen traurigen Arsch vor einem Leben ohne Magie gerettet. Tatsächlich hatte ich ihn wahrscheinlich vor einer Realität bewahrt, in der er in einem Anfall von Emo-Pique auf einen Berg gezogen wäre, sich von der Außenwelt abgekapselt hätte und schließlich mit einem Holzbein geendet wäre, weil er beim Gärtnern versagt und nicht ein einziges Obst oder Gemüse anbauen konnte. Der Punkt war, dass ich die Dinge in Ordnung gebracht hatte. Vielleicht nicht auf die beste Weise, aber aus ihm war auch kein beinloser Bergbewohner geworden, also bitte. Und da nennt er mich eine Aspisviper?

Und dann gab es da noch den Titel, der endgültig alles besiegelte. Der Titel, der, egal wie ich ihn drehte und wendete, nie aus der Spalte ‚Worst-Case-Szenario‘ herauskam und sogar noch einen Untertitel erhielt: „Mach dich darauf gefasst, hart abserviert zu werden“. „Age of Consent – Altersgrenze für einvernehmlichen Sex“. Denn wir alle wussten, was er von Einvernehmlichkeit hielt.

Ich hatte gerade beschlossen, noch einmal von vorn anzufangen und zu sehen, ob sich beim siebten Mal etwas änderte, als ein seltsames Geräusch meine Aufmerksamkeit erregte.

Ich schob mein Handy in meine Hosentasche und spähte in die Küche.

Ari Katz, mein Zwillingsbruder, summte vor sich hin. Natürlich, die Sonne schien durch die offene Glasschiebetür, der Himmel dieses späten Julitages hatte das perfekte Blau; dicke, flauschige Wolken zogen träge vorbei, und der Popsong, der von Apple Music abgespielt wurde, war ziemlich eingängig. Es wäre plausibel, ja sogar wahrscheinlich gewesen, dass ein anderer blonder Typ beim Abendessen zu Katy Perry mit dem Kopf wippte und dabei summte, aber mein Bruder? Der Typ, den man gefoltert hatte, der auf seltsame Kunst stand und dessen Magie die wortwörtliche Manifestation der Dunkelheit war?

Nie im Leben.

Ich goss noch mehr Öl- und Balsamico-Dressing über den Salat in der großen Holzschüssel, die auf der Arbeitsplatte vor mir stand, und dachte über das Zitat von Sherlock nach, das besagt, dass man das Unmögliche eliminieren muss, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.

Und der echte Denim Bubbly Jeans tragende, pralle Arsch bückte sich gerade vor dem Kühlschrank.

Kane Hashimoto drückte die Kühlschranktür zu und hielt mit einer Zange ein rohes T-Bone-Steak fest, das vor Marinade glitzerte.

„Hast du mal ...“ Er blickte sich um. „Einen Teller?“

„Weil dein Fleisch tropft?“, fragte Ari mit sanfter Stimme. „

Und wenn es so wäre?“ Selbstgefällig grinsend stemmte

Kane eine Hand in die Hüfte.

Dieses Vorspiel ergab keinen Sinn, da niemand, und ich meine wirklich niemand, im Dämonenklub Sex hatte. Während Kanes Worte wie eine sexy Herausforderung klangen, wurde seine Arroganz durch einen Ausdruck leichter Panik in seinen Augen widerlegt. Es schien unwahrscheinlich, dass er einen Teller brauchte.

Ari, zu seiner Ehre und sehr zu meinem Erstaunen, lief nicht rot an. Er leckte sich langsam die Lippen. Außer, dass es diesmal weniger als Vorspiel und mehr als fröhliche Entschlossenheit zu interpretieren war, als stünde er einem wilden Hengst gegenüber, den er zähmen musste, und als könnte ihn nichts von seinem Weg abbringen.

Kane errötete am ganzen Körper: von seinen messerscharfen Wangenknochen über seinen nackten, muskulösen Oberkörper bis hinunter zum Hosenbund. Er senkte den Kopf und sogar seine schwarzen, hoch gegelten Haare wirkten durcheinander.

Mein Bruder lächelte ihn liebevoll an und reichte ihm eine Servierplatte.

„Jetzt reicht es.“ Ich warf das Salatbesteck auf den Tisch. „Was läuft hier zwischen euch? Seit ihr von dieser Mission in Osoyoos zurück seid, seid ihr beide so ...“ Ich deutete mit dem Finger auf die beiden und ließ ihn kreisen. „So.“

Kane legte die drei rohen Steaks aus der Marinadeschüssel auf die Servierplatte. „Du brauchst ein Leben, Babykillerin.“

„Wir töten Dämonen, schon vergessen? Leben werden überbewertet. Ich brauche nur ein paar knallharte Fakten, damit ich aufhören kann, mich verrückt zu machen.“

Ein Blick aus blaugrauen Augen traf auf dunkelbraune, als Ari und Kane sich ansahen.

„Wann hast du das letzte Mal mit Rohan gesprochen?“, hakte Ari nach.

Ich drückte meinem Bruder die Salatschüssel so fest an die Brust, sodass sein ausgeblichenes, grünes T-Shirt Falten schlug. „Es fehlt noch Salz. Und weich nicht meiner Frage aus.“

„Hier läuft nichts.“ Kane sagte diese Worte ganz lässig über die Schulter und verließ dann den Raum. Er hatte die Servierplatte in der einen und die Grillzange in der anderen Hand.

Ari zuckte mit den Schultern und streute eine Prise Salz über unseren Salat. „Du hast den Mann gehört.“

Wenn ich eine Zwillingsschwester hätte, hätte ich die Details schon vor Ewigkeiten erfahren. Egal. Ich würde es schon es noch aus ihm herausbekommen.

„Wenn ihr zwei zusammen seid, dann sagt es mir. Tut nicht aus unangebrachtem Mitleid so, als würde da nichts laufen. Das will ich nicht. Und das brauche ich auch nicht.“

Ari stellte die Schüssel neben die Gabeln und Teller, die ich bereits herausgeholt hatte, auf die dunkle Granitplatte und nahm mir dann Ros violettes Lieblingsgitarrenplektrum aus den Fingern. Als ich feststellte, dass ich es aus der Vordertasche meiner Shorts gefischt und wie einen Glücksbringer gerieben hatte, blinzelte ich überrascht.

Schon wieder.

Bevor mein Zwillingsbruder es in einer fehlgeleiteten Rohan-Intervention konfiszieren konnte, holte ich es mir von ihm zurück.

Ari warf einen Blick nach draußen zu Kane, der auf der Steinplatte vor dem Edelstahlgrill stand und beim Grillen sang. „Da läuft nich°...“

Ein Alarm ertönte von oben und schreckte uns auf. „

Mischa!“, rief ich und rannte ins Foyer.

Zu dritt liefen wir die geschwungene Treppe hinauf bis zu Kanes Schlafzimmer.

Genau genommen waren die Überwachungskameras, die wir in Mischa Volkovs Stadthaus installiert hatten, nicht legal. Auch der Einbruch, der uns den Zugang ermöglicht hatte, während er bei der Arbeit gewesen war, war nicht legal. Aber was bedeuteten schon lästige Gesetze, wenn das Schicksal der Menschheit auf dem Spiel stand? Ich hatte mich dafür entschieden und würde es jederzeit wieder tun.

Kane ließ sich in seinen Schreibtischstuhl fallen, tippte etwas auf der Tastatur und schaltete den Alarm, der durch das Öffnen von Mischas Garagentor ausgelöst worden war, auf unserer Seite aus. Während Ari und ich neben ihm standen, betrachtete er die verschiedenen Raumansichten auf seinem Monitor. „Schaut euch sein Bett an. Das Laken ist zerknittert.“

Mischa war kein Rasha, so wie Kane, Ari und ich es waren, aber er hatte einige Zeit beim Militär verbracht, wie man an dem perfekt gemachten Bett, dessen Laken normalerweise so straff gezogen war, dass man eine Münze darauf hätte hüpfen lassen können, gut erkennen konnte.

„Ungefähr die richtige Größe und Form für einen Koffer“, meinte Ari.

„Der Tracker“, sagte ich.

„Schon dabei.“ Kane öffnete ein weiteres Fenster, in dem das Blinklicht angezeigt wurde, das Mischas Auto beim Abbiegen aus seiner Straße darstellte. „Wo willst du denn hin?“

In den letzten Wochen, in denen ich Mischa beobachtet hatte, war mir bewusst geworden, dass dieser Mann ein Gewohnheitstier war. Oder auch ein Typ, der sich sehr darum bemühte, unter dem Radar zu bleiben. Er hatte einen langweiligen Bürojob, ging einkaufen und bereitete sonntags das Essen für die Woche vor. Abgesehen von den seltenen Besuchen mit Kollegen in einer Bar ging er nicht aus. Kein einziges Mal hatte er wie jetzt an einem frühen Samstagabend das Haus verlassen.

Ari und ich setzten uns auf Kanes Matratze und versuchten, in angespannter Stille herauszufinden, wohin er wollte. Nun, es herrschte angespannte Stille, wobei wir uns so viel Steak wie möglich in den Mund stopften, um die quälende Wartezeit zu überbrücken, während Mischa die nächsten fünfundvierzig Minuten über die Autobahn fuhr.

Im vergangenen Monat waren wir bei unseren Ermittlungen, herauszufinden, was Rabbi Mandelbaum und seine ausgewählte Rasha-Gruppe vorhatten, in mehr Sackgassen gelandet als ein Besucher in einem Spiegelkabinett. Ferdinand Alves und Tessa Müller waren immer noch tot, Sienna Powell wurde immer noch vermisst, und wir hatten immer noch keine eindeutige Idee davon, was der Rabbi plante.

Ich drückte die Daumen für eine dringend benötigte Pause und war plötzlich hellwach, als Mischa an der Horseshoe Bay die Abzweigung zu den Fähren nahm.

„Er fährt nach Bowen. Ganz sicher. Wie lange muss man für die Fähre anstehen?“


Ari öffnete einen Browser auf seinem Handy. „Er wird die um zehn nach sieben nehmen. Mit der Überfahrt haben wir ein Zeitfenster von etwa sechzig Minuten.“

Kane stupste Ari mit seinem Knie an. „Kann es losgehen?“

Mein Bruder wischte sich den Mund ab und warf seine Serviette auf den Teller. „Ja.“

Kane reichte mir ein iPad mini, das ich unter meiner weiten Bluse hinten in meinen Hosenbund verstaute.

„Es sollte keine Probleme mit der Pufferzeit geben“, erklärte er.

Sie folgten mir in mein Schlafzimmer, wo ich in ein Paar Laufschuhe schlüpfte, ein Paar fingerlose Handschuhe anzog und mir eine Sturmhaube überstreifte, wobei ich sorgfältig darauf achtete, jedes einzelne Haar darunter zu verstauen.

„Bist du sicher, dass ich dich nicht hinbringen soll?“, fragte Ari.

„Meine Startschwierigkeiten beim Teleportieren sind schon zwei Wochen her. Ich beherrsche das Einmaleins der Hexenmagie. Bis später, Leute.“

„Pass nur auf, dass du nicht wieder im Ententeich im Streichelzoo landest. Das war schwer zu erklären.“ Ari drückte mir die Schulter. „Und sei vorsichtig.“

„Ihr auch.“ Ich umarmte die beiden und rieb meine mit Stoff bedeckten Wangen an ihren. „Falls das hier der Anfang vom Ende ist, sollt ihr beide wissen, wie viel ihr mir bedeutet. Und dass ihr mir später ein zweites Abendessen machen müsst, weil ich wahrscheinlich hungrig sein werde.“

Kane schob mich von sich. „Ich fühle mich, als würde mich Deadpool betatschen. Geh jetzt.“

Ich schloss die Augen. Hexenmagie basierte auf der Theorie von Infusion und Elimination. Alles, was ich jetzt noch tun musste, war, die Zwischenräume zwischen meinem Start- und Endpunkt zu eliminieren. Es war immer noch etwas surreal, dass ich selbst jetzt mein eigenes Transportmittel für die Langstrecke war, aber ich musste zugeben, dass Hexen Rasha in Sachen Magie haushoch überlegen waren.

Ich holte tief Luft, verschwand und landete auf der kleinen Waldlichtung hinter dem einstöckigen, sehr rustikalen Blockhaus, das Mischa auf Bowen Island gehörte, und erschreckte die dort grasende Hirschherde zu Tode. Doch da ich nicht wie Han Solo in den verdammten Tieren steckte, war alles in Ordnung. Die meisten von ihnen sprangen davon, aber eines schnaubte und warf mir verächtliche Blicke zu.

Ich zeigte ihm den Mittelfinger und betrat das Dickicht aus Douglasien.

Ari und ich hatten in den letzten Wochen alles über Mischa herausgefunden, was es zu wissen gab, einschließlich der Tatsache, dass ihm dieses Grundstück gehörte. Er hatte nicht versucht, diese Tatsache zu verbergen oder so, andererseits hatte er wahrscheinlich auch nicht damit gerechnet, überwacht zu werden.

Zentimeter für Zentimeter näherte ich mich dem Haus, das tief im Wald lag. Unter dem Blätterdach der Bäume war es kühl gewesen, aber die Temperatur stieg auf angenehme Weise an, als ich über den Rasen hinter dem Haus an den Büschen unter dem Wohnzimmerfenster entlang lief. Ich bahnte mir einen Weg durch das Gebüsch, wobei ich mein Bestes gab, um die Dornensträucher zu meiden, und hob vorsichtig den Kopf, um ins Innere zu spähen.

Ein Mann mit zerzaustem braunem Haar saß auf einem abgewetzten Sofa und tippte eine Nachricht. Dieser Jäger war einer von Mandelbaums ‚nicht ganz so unbeschwerten Männern‘ und hatte vor Jahren tatsächlich eine Ausbildung in der Ortsgruppe Vancouver absolviert. Er warf das Handy auf die Kissen, stand auf und ging in die kleine Küche.

Ich holte mein Wegwerfhandy aus der Tasche und verschickte eine kurze Nachricht. Er ist hier. Zwei Sekunden später vibrierte mein Handy und zeigte ein Daumen-hoch- Emoji an. Ich schob es zurück in die Tasche und betrat die Hütte.

„Hallo, Nachbar.“ Ich hatte noch nie mit diesem Mann gesprochen, sodass er meine Stimme nicht erkennen würde.

Die Art, wie Ilya Volkovs zweimal hinsehen musste, und seine russischen Schimpfwörter waren unbezahlbar.

Die Hände in die Hüften gestemmt, zog ich eine Augenbraue hoch. „Komm schon. Ich habe eine Punktlandung hingelegt. Das war eine solide Zehn, und zwar nach jedermanns Maßstäben. Sogar nach denen der Russen. Kapiert? Russen? Denn du bist°... Okay, sprichst du Englisch?“

Seine Stirnfalten wurden noch tiefer und sein Blick noch finsterer. „Ich spreche nicht mit Hexen.“

Zehn Punkte dafür, dass er erkannt hatte, dass ich eine Hexe war, und ein großer Seufzer der Erleichterung, dass er nicht bemerkt hatte, dass ich auch eine Dämonenjägerin war, denn ich war die einzige weibliche Rasha. Diese fingerlosen Handschuhe, die meinen Rasha-Ring verbargen, waren eine hervorragende Idee gewesen.

Selbst wenn er Fotos von mir gesehen hätte°– sagen wir, in der Mitte einer Dartscheibe, die Rabbi Mandelbaum gehörte–, wäre ihm meine Identität verborgen geblieben, da meine Sturmhaube mein Gesicht verdeckte.

„Das hast du aber gerade getan. Mit einer Hexe geredet. Indem du geantwortet°...“ Ich schrie auf und teleportierte mich rasch hinter Ilya und aus der Schussbahn der Messer, die sich wie von selbst vom Fleischerhaken gelöst hatten und nun durch die Hütte flogen, um mich aufzuspießen.

Sie drangen in einem ungefähren Umriss meines Kopfes und meines Oberkörpers in die Wand ein und zitterten unter der Wucht des Einschlags. „Telekinese! Wenn du mal kein Wunderknabe bist.“

Ilya wirbelte herum, woraufhin er in einem Netz meiner magischen Elektrizität gefangen wurde. Er wehrte sich, kam aber nicht von der Stelle.

Ich nahm mir eine halbe Sekunde Zeit, um mir einen Überblick über die Hütte zu verschaffen und zu beurteilen, was Ilya noch als Waffe verwenden könnte. Es war ein großer Raum, dessen einzige Innentür zu einem kleinen Badezimmer führte. In einer Ecke befand sich ein zerwühltes Bett, ein paar vom Alter gezeichnete Barhocker standen wahllos an einem hohen runden Tisch, und es gab einen Wohnbereich mit einem Sofa und einem Flachbildfernseher. Der Raum roch leicht nach Zedernholz.

Das war zwei Stufen über ‚Serienkiller im Wald.‘

„Ich möchte nur ein kleines Schwätzchen halten“, sagte ich. „Und bevor du wieder etwas Dummes tust, wie zu versuchen, mich auszuweiden, schau dir das an.“ Ich ging so nah an ihn heran, dass er den Bildschirm des iPads sehen konnte.

Sein Zwillingsbruder Mischa war in einem staubigen Lagerhaus an seinen Handgelenken aufgehängt, sein Mund mit Klebeband versiegelt; sein Kopf hing nach vorn und er hatte einen dicken blauen Bluterguss über dem linken Auge.

Ilyas Mund verzog sich zu zwei schmalen Linien, aber er sagte nichts.

Da er immer noch in meinem Magienetz gefangen war, zog ich ihn zu mir heran, als wäre ein Lasso um ihn geschlungen. Jippie!!

Ich starrte ihm direkt ins Gesicht. „Beantworte meine Fragen und wir können alle wieder nach Hause gehen. Solltest du das nicht tun oder mich in irgendeiner Weise verletzen, sodass ich meinen Teammitgliedern kein Signal geben kann, wirst du an Mischas Beerdigung teilnehmen. Nicke einmal, wenn du mich verstanden hast.“

Er starrte mich finster an. Die rotzfreche Missachtung seiner misslichen Lage war ziemlich beeindruckend, vor allem wenn man bedachte, dass er ein paar Meter über dem Boden schwebte.

„Denk darüber nach. Ich hole mir einen Drink“, sagte ich. „Möchtest du auch etwas? Nein?“

Ich ließ ihn in meinem magischen Netz hängen, das ehrlich gesagt so minderwertig war, dass es nicht einmal als Nötigung, geschweige denn als Folter, durchgegangen wäre, schlenderte zum Kühlschrank und riss die Tür auf. Ich taumelte zurück, hielt mir einen Arm vor Mund und Nase und schlug die Tür zu, wobei ich den Duft des Orangenblütenparfums einatmete, der an meinem Ärmel haftete. Leider war der Versuch, den Gestank der sauren Milch, der meine Nasenhaare verätzte, zu überdecken, zum Scheitern verurteilt.

Die gruselige ausgestopfte Eule, die mit einer Uhr im Bauch an der Wand befestigt war, zeigte an, dass ich zwanzig meiner mir zugewiesenen sechzig Minuten bereits verbraucht hatte.

Mit einem Piepen ging eine Nachricht von Ari auf meinem Handy ein. Er hat ein privates Wassertaxi genommen.

Scheiße. Das würde mein Zeitfenster um gute fünfzehn Minuten verringern.

Ich ließ von meiner Magie ab und Ilya stürzte zu Boden. „Rede.“

Einer der Barhocker flog durch den Raum und traf mich im Rücken. Ich heulte auf, krümmte mich mit dem Gesicht nach unten, wobei mir das iPad aus der Hand rutschte und auf dem scheußlichen Teppich mit Tannenzapfenmotiv landete. Die Person, die sich diesen Teppich angesehen und gedacht hatte: ‚Genau den brauche ich, um mein Zimmer zu gestalten‘, sollte erschossen werden.

Ich rappelte mich auf die Knie. „Dein Bruder wird sterben.“

„Er würde für die Sache sterben.“ Ilya ballte die Hand zur Faust – entweder um seine Solidarität zu demonstrieren oder aber auch um ein Sofa nach mir zu werfen, wie auch immer. Ich wollte kein Risiko eingehen.

Ich schmetterte ihn gegen den Fernseher. Der Bildschirm zersplitterte und das Gerät krachte seitlich auf den Boden. Dann schnappte ich mir das iPad und marschierte zu ihm hinüber, wobei die Splitter unter meinen Schuhen knirschten.

„Verdammte Zeloten.“

Immer nur her mit diesen Schurken mit Sprechdurchfall. Ich legte das iPad in Reichweite und spreizte meine Hand über seiner Brust.

Ilya versteifte sich und schnappte nach Luft, meine Magie richtete verheerenden Schaden an seinem Herzschlag an.

„Das spürst du doch auch, nicht wahr?“, fragte ich. „Arrhythmie. Ein Klassiker. Ich könnte dir auch abgefahrene Bilder zeigen, neben denen die virtuelle Realität wie 8-Bit aussehen würde. Allein durch Manipulation deiner Synapsen und magnetischen Impulse. Aber mein heutiges Ziel ist deine Lunge.“ Ich drückte meine Handfläche in seinen Brustkorb. „Hast du dir schon mal die Lunge verbrannt? Beim letzten Mal habe ich damit einen Troll zum Weinen gebracht.“

Der Troll hatte einen blutigen Amoklauf begangen und dabei zwei Wanderer getötet. Ihn zu töten, war eine Mizwa gewesen. Im Gegensatz zu dem hier.

Ilyas Haut lief knallrot an, seine Augäpfel traten aus den Höhlen. Das war verdammt gnadenlos, aber wenn ich Mandelbaum nicht aufhielt, stand das Schicksal der Welt möglicherweise im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Spiel. Außerdem brauchte ich dringend eine Pause. Ilya war meine letzte Hoffnung.

Ich nahm all meinen Mut zusammen und tat, was ich tun musste. „Betrachte es als deine eigene Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl. Deine Haut wird anschwellen und sich ausdehnen. Bald wird sie aufplatzen, aber ich hoffe, dass du zuerst Feuer fängst. Angeblich geht das mit einem coolen Knallgeräusch einher, so wie beim Braten von Speck. Wenn du also nicht reden willst, kann ich genauso gut ein bisschen üben.“

Ilya wehrte sich gegen meine Magie, doch seine Mundwinkel hingen schlaff herunter und er stieß nur undeutliche Laute hervor.

„Willst du es dir doch noch einmal überlegen? Großartig. Was hat Mandelbaum mit den Dämonen vor?“ Ich verringerte die Spannung, die durch seinen Körper floss.

Er öffnete den Mund°... und spuckte mir ins Gesicht.

Meine Magie entlud sich mit einem lauten Knackgeräusch, bevor ich sie wieder unter Kontrolle brachte, die Spucke mit dem Saum meines Hemdes abwischte und eine Taste auf dem iPad drückte.

„Stufe zwei“, knurrte ich in das eingebaute Mikrofon des iPads.

Nachdem Kane, der unter seiner eigenen Sturmhaube nicht wiederzuerkennen war, seine Faust in Mischas Seite gerammt hatte, schloss Ilya die Augen, um unsere Überredungstaktik auszublenden.

Ich drehte die Lautstärke der erstickten Schreie seines Bruders auf, die von den kräftigen Schlägen unterbrochen wurden. „Gefällt dir das etwa nicht? Du könntest es beenden. Ein Wort genügt.“

Immer noch nichts.

Laut Angaben der Bruderschaft war Ilya Volkov tot. Er hatte Mischa nicht erlaubt, diese Lüge zu glauben, und ich hatte darauf gesetzt, dass seine Verbindung zu seinem Zwillingsbruder ihn jetzt zum Reden bringen würde. Da er sich von dem schändlichen Plan, an dem er mit Mandelbaum gearbeitet hatte, weggeschlichen hatte, um Mischa zu besuchen, musste sein Bruder eine Rolle spielen.

Ich persönlich hätte Ari nicht einmal die erste Stufe erleiden lassen.

Ich warf einen Blick auf die Eulenuhr. Wenn ich Glück hatte, blieben mir noch zehn Minuten.

Ilya lief wie ein gekochter Hummer knallrot an, Blut sickerte aus seinen Nasenlöchern.

Auf dem Bildschirm wurde Mischa weiter weichgeklopft.

„Hm. Knochenbrüche klingen wirklich wie das Knacken eines Baseballschlägers.“ Für den Fall, dass er etwas sagen wollte, ließ ich die Magie für einen Augenblick ruhen.

Ilya wischte sich das Blut mit dem Ärmel ab.

„Hoffentlich hast du die Eier, mich zu töten. Sonst werde ich dich dafür zur Strecke bringen“, stieß er keuchend hervor.

„‚Eier?‘ Die brauche ich nicht. Es sieht nicht so aus, als würden dir deine besonders dabei helfen, dich zusammenzureißen, nicht wahr?“ Verdammt. Er war wirklich dabei, seinen Bruder zu verraten. Ich verstärkte meine Magie noch einmal.

Ilyas Haare begannen zu qualmen – die auf seinem Kopf, seinen Armen, seinem Gesicht –, aber er sagte kein Wort.

Noch sieben Minuten.

„Stufe drei“, sagte ich in das Mikrofon und hielt den Bildschirm wieder hoch.

Mischas Gesicht war nur noch ein blutiger Brei. Sein Kopf hing in einem merkwürdigen Winkel herunter. Kane hob eine Waffe und feuerte sie in Mischas Knie ab.

Ilya zuckte zusammen.

Ich ballte innerlich die Hand zur Faust. „Letzte Chance. Die Sache oder dein Bruder.“

Die Sonnenstrahlen in der Hütte waren während unserer Begegnung immer schwächer geworden, bis nur noch die letzten matten Strahlen der Dämmerung übrig waren. Die bedrückende Dunkelheit, die nun auf uns lastete, trug wesentlich dazu bei, die richtige Atmosphäre für das große Finale zu schaffen.

Ilya wandte das Gesicht von mir ab.

„Ein beschissenes Geburtstagsgeschenk für euch beide“, bemerkte ich. „Aber ein großes Lob für eure Hingabe an die Sache. Tötet ihn“, sagte ich ins Mikrofon.

Worte, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich sie einmal aussprechen würde. Schon gar nicht zu einem Zwilling.

Vor einigen Monaten hatte ein Rasha einen magischen Schutzwall aufgehoben und damit die Entführung und Folterung meines Bruders durch ein Monster ermöglicht. Ich hatte diese Art von Verrat nicht verstehen können, und doch stand ich nun hier, als das Monster, das jetzt Ilya folterte und unbekümmert Mischas Tod anordnete.

Ich war tatsächlich ein gefallener Engel, der sich immer mehr darum bemühen musste, etwas von seinem Licht zu bewahren.

Das Bild wurde ruckartig herangezoomt und zeigte nun Kane, der die Waffe auf Mischas Nacken richtete.

„Nein! Ich werde reden.“ Ilya hatte die Worte hastig hervorgestoßen, seine Augen waren auf die Waffe geheftet, die auf seinen Bruder gerichtet war. Gegen Ende seiner Befragung lallte er praktisch nur noch, aber die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus.

Zum Glück zeichnete das iPad alle wichtigen Informationen auf, die er von sich gab, denn ich musste mich voll und ganz darauf konzentrieren, ihn an Ort und Stelle zu halten. Ich war körperlich und emotional erschöpft. Mein Blickfeld verschwamm und mein Atem ging schwer, aber ich wollte ihn nicht gehen lassen. Nicht, bevor ich nicht alles von ihm erfahren hatte.

Ein Auto fuhr knirschend über den Kies die Auffahrt hinauf.

Meine Zeit war abgelaufen. Mit dem iPad in der Hand ließ ich Ilya los, aber in dem Sekundenbruchteil, bevor ich mich teleportieren konnte, benutzte er seine Telekinese, um mich durch das Fenster zu schleudern.

Glas zersplitterte um mich herum und schnitt mir in die Haut, als ich durch die Luft flog und mit meinem ganzen Gewicht auf meinem linken Knöchel in der Einfahrt landete. Mein Fuß knickte zur Seite und gab unter mir nach, was einen heftigen Schmerz nach sich zog, und ich stürzte nach vorn, wobei ich meinen Sturz mit meinen Knien und einem Unterarm auf dem Kies abfing.

Die Glassplitter, die auf meiner ganzen Haut verteilt waren, funkelten auch in meinen Wimpern wie Diamanten, als wäre ich eine menschliche Discokugel. Ich schloss die Augen und nutzte meine Magie, um die Splitter aus mir herauszuschleudern, während mein Blut ungehindert aus Dutzenden von Schnittwunden floss, in meine Kleidung sickerte und eine seidige Textur über den Schürfwunden auf meinem Körper bildete.

Die Sturmhaube wurde mir vom Kopf gerissen.

Ilya hockte vor mir und blinzelte verwirrt. „Du? Aber …“ Die Scheinwerfer eines herannahenden Autos beleuchteten die teuflische Freude in Ilyas Gesicht. „Egal. Jetzt bist du an der Reihe, zu sterben.“

„Ilya! Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!“ Ein Mann stieg aus dem Auto. Er trug eine leuchtend rosa Gebäckdose, die vor dem Hintergrund des zerbrochenen Fensters, des blutenden Ilyas und mir, die das iPad wie eine seltsame Imitation der Freiheitsstatue in die Höhe hielt, unpassend fröhlich wirkte. Der Mann war wohlauf und erfreute sich bis auf den schockierten Gesichtsausdruck, als er die Fahrertür zuschlug, bester Gesundheit. „Was ist passiert?“

„Mischa?“ Ilya musste schon das zweite Mal an diesem Tag zweimal hinsehen.

Ich hatte nur einen Ausweg. Mischa hatte mein Gesicht noch nicht gesehen, also konnte mich nur eine Person verraten. Mit einer Hand umklammerte ich Ilyas Gesicht und zog seine Erinnerungen zu mir, um sie zu eliminieren.

Das einzig Gute an Rohans Abwesenheit war, dass ich dadurch viel Zeit hatte, mich mit den verschiedensten Hexenkünsten zu beschäftigen. Das war eine davon.

Ilyas Gesicht wurde schlaff, sein Blick unkonzentriert. Sein Gedächtnis war gelöscht.

Gut gemacht. Gelman würde bald ernsthaft damit anfangen müssen, Sternchen an ihre Musterschülerin zu verteilen. Oder Rugelach.

Mischas Absätze kamen näher und näher. „Hey!“

Abgang, Bühne links.

Verschwitzt, blutig und mit starken Schmerzen landete ich auf dem Rasen hinter dem Haus des Dämonenklubs; bereit, hier unter dem wolkenlosen Nachthimmel zu liegen, bis ich entweder von Freunden gefunden oder von Wölfen gefressen wurde. Ich war am Ende meiner Kräfte, und weder meine Magie noch mein verletzter Knöchel waren in der Lage, mich zurück ins Haus zu bringen.

Ari entdeckte mich etwa fünf Minuten später. „Scheiße, Nee.“

Er zog eine scharfkantige Scherbe heraus, die zu tief in meinem Schlüsselbein steckte, um sie mithilfe meiner Magie herauszukatapultieren.

Ein brennender Schmerz schoss durch meine Schulter. Ich drehte den Kopf und übergab mich ins Gras.

Vorsichtig hob er mich hoch und trug mich ins Haus. „Hast du die Antworten bekommen?“

Ich nickte und wedelte mit dem iPad. Das Display war gesprungen, aber es funktionierte noch.

Kane kam in die Küche gestürmt. „Wie sah es aus? Bin ich nicht genial?“

„Sie ist verletzt und erschöpft. Willst du ihr nicht mal eine Minute geben?“ Ari trug mich in das Fernsehzimmer und legte mich auf eines der übergroßen Ledersofas.

Sie legten mir ein Kühlpack auf den Knöchel und die Beine hoch, stützten meinen Rücken mit ein paar Kissen und ließen meine beschleunigte Rasha-Heilmagie ihre Arbeit tun.

Kane wärmte mir eine Pizza Hawaii auf, die ich mit drei Bissen verschlang, bevor er mich erneut aufforderte, ihm ein Loblied zu singen.

„Ja, du bist ein Genie. Wirklich.“ Ich leckte mir die Soße von den Fingern. „Das meine ich nicht spöttisch. Selbst ich habe mich unwohl gefühlt, als ich es gesehen habe, und ich wusste, dass es nur gestellt war.“

Kane hatte Hunderte von Überwachungsfotos, die wir von Mischa gemacht hatten, verwendet, um eine 3D-Darstellung seines Gesichts zu erstellen. Da Kane wusste, dass Mischas und Ilyas Geburtstag ein Anlass für sie sein könnte, sich zu treffen, hatte er Mischas Kopf auf das Filmmaterial einer rein fiktiven Folterszene, die wir gedreht hatten, gelegt. Meine beste Freundin Leonie hatte uns mit ein paar befreundeten Filmstudenten von der Universität bekanntgemacht, um uns bei der Umsetzung zu helfen, und Mann, waren diese Typen durchgeknallt. Wir erzählten ihnen, dass wir einen Horror- Kurzfilm drehen wollten, und sofort hatten sie ein Dutzend verstörender Ideen, um ihn aufzupeppen.

Ari, der eine ähnliche Statur wie Mischa hatte, war bei Bedarf als Double für den Körper eingesprungen, während der Requisitenkörper, den die Filmjungs mitgebracht hatten, den Hauptteil des Schadens abbekommen hatte.

Kane hatte rund um die Uhr an dem fertigen Filmmaterial gearbeitet, und das war es, was Ilya sich schließlich angesehen hatte. Kane war im Dämonenklub geblieben, um ihn zu streamen und mit mir in Kontakt zu bleiben, damit er bei Bedarf Szenen austauschen konnte. Ein Hoch auf das Bühnen- Make-up, die Kamerawinkel und das Kunstblut. Oh, und auf Situationen mit hohem Stressfaktor, die alle Probleme mangelnder Glaubwürdigkeit aus dem Weg räumten.

„Spiel die Audiodatei ab.“ Ich schrubbte meinen Arm mit dem feuchten Tuch, das mein Bruder mir gebracht hatte. Sicher, meine Wunden hatten aufgehört, zu bluten, aber mit getrockneten Blutkrusten bedeckt zu sein, war auch nicht besser.

Je mehr Kane und Ari von Ilyas Gestammel hörten, desto düsterer wurden ihre Mienen.

Der Vorstand der Bruderschaft bestand aus sechs Rabbinern, die die Organisation leiteten. Als ihr Oberhaupt wollte Rabbi Mandelbaum eine neue Ära einläuten, und zwar mit einer sehr weitreichenden Vision: In der heutigen Zeit, die von Videoüberwachung und iPhones geprägt war, vertrat der Rabbi die Meinung, dass die Existenz der Dämonen – oder die Bruderschaft – nicht mehr lange geheim gehalten werden könnten.

Das war alles schön und gut, aber er plante, die Dämonenbrut gezielt auf die Welt loszulassen, dann einzuschreiten und den Helden zu spielen. Mit Tessas Hilfe, einer Hexe, die über dunkle Magie verfügte, beabsichtigte er, in einem großen Stadtzentrum ein Erdbeben auszulösen. Durch die Ermittlung des richtigen Spannungsauslösers würde es ihnen gelingen, Erdbeben auf der ganzen Welt zu induzieren. Mandelbaum würde dann seine Rasha in all diese Städte schicken, denn Dämonen wurden von Naturkatastrophen angezogen. Da diese Orte gefährdet und in höchster Alarmbereitschaft wären, hätte niemand in der Organisation zweimal über die Umbesetzung der Dämonenjäger nachgedacht.

Dann hätte Mandelbaum mithilfe von Dämonen, die gegen ihren Willen gebunden waren, um Befehle auszuführen, wiederum dank Tessas schwarzer Magie, die zweite Welle von Kreaturen auf die Öffentlichkeit in den Städten losgelassen, in denen die Rasha bereits günstig stationiert worden waren. Bevor irgendeine andere militaristische Gruppe überhaupt daran hätte denken können, einzuschreiten, würde die Bruderschaft sich als die einzige de facto Option präsentieren. Nicht, dass das Militär dazu in der Lage gewesen wäre, Dämonen zu töten, denn man konnte sie nur mithilfe von Magie vernichten, doch Mandelbaum wollte nicht einmal, dass sie sich in die Situation einmischten. Außerdem hätte er behaupten können, unnötige Verluste von Menschenleben durch das Militär zu verhindern.

Mit einem Schlag würde er das Entsetzen, das die Menschheit erfahren würde, sobald sie von der Existenz der Dämonen erführen, in eine große Erleichterung verwandeln, denn die heimlichen Helden verrichteten schon die ganze Zeit über im Hintergrund ihr Werk. Die Bruderschaft würde von allen verehrt werden und Mandelbaum wäre der mächtigste Mann der Welt.

Dank Ilya konnten wir endlich auch bestätigen, worum es bei dem getunten Gogota ging. Ein frühes – und aufgegebenes – Experiment, bei dem man versucht hatte, das Töten von Dämonen, wenn sie ihre Feinde verfolgten, noch zu erschweren.

Wie Rasha, die vom rechten Weg abgekommen waren.

Ich drückte mir ein Kissen fest an die Brust.

„Los, Team!“, rief Kane mit steifem Körper.

Ari saß da, den Kopf auf die Hände gestützt.

„Alles in Ordnung, Ace?“ Ari war von klein auf ein Mitglied im Team der Bruderschaft gewesen.

„Ich wusste, dass so etwas auf uns zukommen würde, aber es so nüchtern erklärt zu bekommen?“ Er holte zittrig Luft.

„Das Problem mit diesem Plan?“ Ich rieb meine letzte Blutkruste ab. „Tessa ist tot. Durch die Nutzung dunkler Magie ist sie vor etwa einem Monat von innen heraus verbrannt. Ilya sagte, dass Mandelbaum nicht herausgefunden hat, wie man seinen Plan ohne eine Ersatzhexe ausführen konnte.“

„Ich würde ja eine Party schmeißen“, sagte Kane, „aber Ilya hat auch erwähnt, dass der Rabbi aktiv nach einer sucht.“

Gott möge uns beistehen, wenn er eine Frau mit dieser Fähigkeit fände – entweder die, die sich derzeit unerlaubt von der Truppe entfernt hatte, oder die, die in mir gefangen war.

View full details