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NAVA, DIE UNWIDERSTEHLICHE DÄMONENJÄGERIN-GULA (Taschenbuch)

NAVA, DIE UNWIDERSTEHLICHE DÄMONENJÄGERIN-GULA (Taschenbuch)

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Alle Taschenbücher sind vom Autor digital signiert. 

Was dich nicht umbringt …
… bringt dein Liebesleben ernsthaft durcheinander.

Nava lebt sich glücklich in ihre neue Beziehung ein und das Leben ist voller Freude und heimlicher Küsse.

Außer wenn es sich um Auftragsmörder handelt. Das ist ein echter Stimmungskiller.

Sie und Rohan sind der unerwarteten Verbindung zwischen der Bruderschaft und einer Hexe, die Dämonen binden kann, auf der Spur, aber jedes neue Puzzleteil lässt sie mit mehr Fragen als Antworten zurück.

Und es gibt jemanden, dem es gar nicht gefällt, dass sie der Wahrheit langsam näherkommen.

Schwer vorstellbar.

Hinzu kommt, dass ein Dämon, der nur als Candyman bekannt ist, eine Droge freigesetzt hat, die den Konsumenten auf äußerst beunruhigende Weise schadet.

Nava schwört, diesen Dämon zur Strecke zu bringen. Aber wird das Leben, wie sie es kennt, diese Mission überleben oder wird dies das eine Mal sein, dass sie hätte überlegen sollen, bevor sie sprang?

Glücklich bis ans Ende ihrer Tage? Wenn sie bei diesem Abenteuer nicht stirbt, hat sie eine echte Chance darauf.

Mit einer frechen Heldin, knallharter Action und einer pikanten Romanze trifft uns dieses urkomische Abenteuer mitten ins Herz, wenn man am wenigsten damit rechnet. 

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Kapitel 1

Rohan Mitra zu küssen – meinen hinreißenden Freund, und zwar seit siebzehn Tagen, vierzehn Stunden und einigen Minuten, die ich nicht zählen konnte, war meine neue Lieblingssucht. Es spielte keine Rolle, ob es ein sanftes Berühren der Lippen war, ein schnelles, fast geistesabwesendes Knabbern an seinem Mundwinkel, eine heiße, fiebrige Umarmung oder lange, langsame, betäubende Küsse wie jetzt, in einer dunklen Ecke des Neon Paradise, während unsere Stühle an der hohen Theke so nah aneinander geschoben waren, dass sich unsere Knie berührten, wobei eine von Rohans Händen auf meinem Rücken lag und mich zu sich heranzog.

Wir beherrschten diese Kunstform unter verschiedenen Bedingungen: verstohlen im Flur des Kapitelhauses, zwischen den Bestell- und Abholfenstern eines Starbucks Drive-Thru, zur Hölle, sogar high nach einer Dämonentötung. Die waren besonders köstlich.

Und klar, ich war skeptisch gewesen. Wenn man über ein Jahr lang gefühlsmäßig nicht in der Lage war, jemanden zu küssen, konnten bei einem Mädchen schon mal Zweifel aufkommen. Aber Rohan Mitra war jede Sekunde des Wartens und noch vieles mehr wert. Ich wollte diesen Kuss niemals unterbrechen.

Doch der Sauerstoff, dieses anspruchsvolle Element, machte mir einen Strich durch die Rechnung. Ich ließ von ihm ab, schlang jedoch meine Arme um seinen Hals und zerzauste seine Locken, die wie dunkle Seide durch meine Finger glitten. Ich hatte vor, kurz Luft zu holen, bevor ich eine Zugabe wollte.

Doch dann begann der süße Junge vor mir das Wort zu ergreifen: „Ich hätte nicht gedacht, dass du so gut küssen kannst.“

Ich schlug auf den hohen, lackierten Tisch. „Bumm. Hiermit drücke ich offiziell den Pausenknopf.“

Rohan hob eine Augenbraue. „Wovon?“

„Davon, dass du mein fester Freund bist. Was könnte dich dazu gebracht haben, etwas so Verrücktes zu glauben?“

Er rieb seine Nase an meiner. „Ich habe angenommen, der Grund, warum du so strikt gegen das Küssen bist, ist eine tiefsitzende Unsicherheit. Ich war darauf vorbereitet, dir für dieses Thema Nachhilfestunden geben zu müssen. Und zwar ausführliche.“

Ich schnalzte mit der Zunge, obwohl sich stundenlanges Nachhilfesitzen beim Küssen mit Rohan ehrlich gesagt gar nicht so schlecht anhörte. „Mein Mund ist ein Wunderwerk, Snowflake. Ich würde es begrüßen, wenn du dir das merken könntest.“

Er stützte sich mit den Ellbogen auf der Stuhllehne ab und der Stoff seines kurzärmeligen Leinenhemdes legte sich eng um seinen Bizeps. „Begrüßen?“

„Ja. Ich bin nicht nur erstaunlich gut, sondern auch sehr gebildet.“ Ich hatte mir die Wort-des-Tages-App heruntergeladen, die ich im Gegensatz zu der Lauf-App, die mir die Bruderschaft zu Trainingszwecken auferlegt hatte, gut nutzte. Ein wenig intellektuelle Selbstverbesserung konnte nie schaden. Außerdem stand Rohans letzte Freundin kurz vor ihrem Doktortitel in Physik und ich wollte die Latte nicht all zu niedrig legen. „Ich wiederhole jetzt den Teil mit dem Wunder, denn darauf solltest du dich konzentrieren.“

Seine goldenen Augen funkelten entweder verwirrt oder amüsiert. „Ich verstehe.“

„Du zweifelst an mir?“

Er rieb sich den Kopf. „Einer der PDs, die wir vorhin ausgeschaltet haben, hat mich wirklich erwischt. Mein Kurzzeitgedächtnis ist lückenhaft.“

„Offensichtlich, denn du hast vergessen, dass wir sie jetzt Halbdämonen und nicht mehr Praxisdämonen nennen, aus Respekt vor Leo. Außerdem solltest du dich schämen. Diese arme Kreatur für deine eigenen Unzulänglichkeiten verantwortlich zu machen.“ Kichernd ließ ich meine Finger in seine Gürtelschlaufen gleiten und zog ihn an mich.

Fünf Minuten später löste ich mich mit einem letzten Knabbern von seinem Mund. „Erinnerst du dich jetzt wieder an meine herausragenden Fähigkeiten?“

Mit einem leicht glasigen Blick, während sich sein Brustkorb schnell hob und senkte, nickte Rohan, als hätte er vergessen, wie man Worte formulierte.

Ich tätschelte ihm die Wange. „Guter Mann.“ Ich schnappte mir meine smaragdfarbene Satin-Clutch vom Tisch, die zwischen seinen halbleeren G&T und mein Wasserglas gefallen war, und machte mich langsam auf den Weg. Zeit für eine weitere Runde auf der Tanzfläche. „Bin gleich wieder da.“ Ich drückte ihm mein Wasserglas in die Hand. „Trink das, damit du morgen keine Kopfschmerzen bekommst.“

„Hey, warte.“ Rohan hielt mich am Handgelenk fest, seine Augen glühten und er sah mich eindringlich an. „Lass uns die Pause wieder aufheben, Fünkchen.“

Ich lächelte und tat so, als würde ich den unsichtbaren Knopf erneut drücken. Er hob das Glas. Was für ein Kerl.

Ich ließ den Jungen zurück, um mich zu sammeln, und umrundete die volle Tanzfläche. Sie pulsierte von der Baseline von Jamiroquais Canned Heat, die auf elf aufgedreht wurde, und jeder packte seine besten Napoleon-Dynamite-Moves aus. Glitzernde Disco-Kugeln beleuchteten die ausgelassen in die Höhe geworfenen Arme und die Tänzer hatten einen Riesenspaß bei den „Hits von den 90ern bis heute“, die heute Abend gespielt wurden.

Am anderen Ende der Tanzfläche wiesen Plissee-Vorhänge, die von bunten Scheinwerfern beleuchtet wurden, auf gemütliche Sitzecken. Ich unterdrückte ein Lächeln, als ich das entsetzte Stöhnen, das aus der Männergruppe bei den Billardtischen kam, vernahm, und machte einen Bogen um die schlichte Bar, um auf die Toilette zu gehen.

Ich stürmte in die mittlere Kabine, schloss die Tür hinter mir und sank erleichtert in die Hocke. Dieser seltene Abend war so kostbar, dass ich völlig nüchtern geblieben war, um mich an jeden Augenblick davon zu erinnern. Aber all das Tanzen erforderte große Mengen an Flüssigkeit, und heute Abend hatte ich einen ganzen Ozean an Wasser getrunken. Ich pinkelte so lange, dass ich wohl auch die gespeicherten Reserven ausgepinkelt hatte. Das Positive daran war, dass ich so gut hydriert war, dass meine Haut glänzte, als hätte man mich mit einer Airbrush bearbeitet.

Der Urinier-Marathon gab mir die Gelegenheit, mir die Schmierereien zu Gemüte zu führen. Mit Kugelschreiber hatte jemand mit sauberer, roter Schrift etwas über den Toilettenpapierhalter geschrieben: Du bist eine solide 8. Darunter stand in rosa Glitzerstift: Scheiß drauf. Ich bin eine 12½. Eine Aussage, der ich Beifall zollte. Der rote Stift meldete sich dann wieder mit: Dein Ego ist es auf jeden Fall. Woraufhin Glitzer geantwortet hatte: Alle Frauen sind eine 12½ von 10. Mindestens.

Schwarzer Filzstifte beendete den Austausch mit: *Faustgruß* Schwesternschaft.

Wenn ich schon in einer Kabine festsitzen und wie eine Verrückte pinkeln musste, war es schön, in einer mit einer kompatiblen, philosophischen Ausrichtung zu sein und nicht in einer, in der alle Mädchen Schlampen waren.

Jemand anderes hatte einen Wunschbrunnen in die Mitte der Kabinentür gezeichnet. Die Antworten wechselten zwischen anzüglichen Kommentaren, die in das Holz geritzt waren, Herzen mit Initialen, und Wünschen nach Bargeld, Designerkleidung und Hamilton-Karten. Es war alles sehr albern, weshalb ich beinah nicht die winzige Schneeflocke unten auf die Liste gesetzt hätte.

Ich spülte und verließ den Raum mit entlasteter Blase. Allerdings musste ich etwa siebzehn Mal mit dem Handgelenk vor dem Bewegungssensor des Wasserhahns herumfuchteln, bevor ich ihn aktivieren konnte. Die verdammten Dinger funktionierten bei mir nie richtig und ich hatte ständig das Gefühl, eine Tote oder ein Geist zu sein. Zwei Frauen traten ein, als ich mir die Hände einseifte, und ich betrachtete ihre Reflexion in dem goldgerahmten Spiegel. „Christina?“, quietschte ich.

„Nava! Wo hast du gesteckt, meine Freundin? Der Campus ist so langweilig ohne dich. Ich habe niemanden, mit dem ich an Tagen der geistigen Gesundheit den Unterricht schwänzen kann.“ Die chinesisch-kanadische Mittzwanzigerin Christina trug einen lila Pixie-Haarschnitt, einen mit Pailletten besetzten, einteiligen Hosenanzug und einen verblüffenden Katzenaugen-Eyeliner. Wenn ich mich an diesem Look versuchte, sah ich immer aus wie eine Amy-Winehouse-Dragqueen, die beim Singen von Love is a Losing Game geweint hat.

„Ach, weißt du. Das Leben.“ Ich spülte mir die Hände ab und riss etwas totes Holz aus dem Spender. „Es ist so schön, dich zu sehen.“

„Nava.“ Die Frau neben Christina, die ihr blondes Haar zu einem glatten Pferdeschwanz hochgebunden hatte, winkte mir unwirsch zu. Ich bezweifelte, dass sich unter der protzigen Anzugjacke ein Sport-BH befand, und ihr Bleistiftrock hatte keine Ähnlichkeit mit den Nylon-Workout-Hosen, in denen ich sie sonst immer sah. Sie hatte sich verändert, aber ihre Anwesenheit löste in mir immer noch ein riesiges Igitt aus

Ich fummelte an meinen Papiertüchern herum und schaffte es gerade noch bis zum Mülleimer. „Naomi. Du siehst …“

„Aus als ob sie einen Stock in ihrem weißen Arsch stecken hätte“, meldete sich Christina zu Wort.

„Anders aus.“

„Ich mache jetzt ein Praktikum.“ Naomi strich sich ein paar imaginäre Fussel von ihrem marineblauen Revers. „Eine Stelle in einer Anwaltskanzlei.“

Sie wusste verdammt gut, dass mein Vater, Dov, Juraprofessor an der University of British Columbia war, denn sie hatte ihn schon ein halbes Dutzend Mal an der Uni gehabt. Außer den Klamotten hatte sich offensichtlich nicht viel verändert. Ich schob meine Hände in die Taschen meiner schwarzen, lockersitzenden Hose, bevor eine von ihnen den Funken elektrischer Magie sehen konnte, der aus meinen Fingerspitzen knisterte. „Du machst die Drecksarbeit für die richtigen Anwälte. Mazel tov. Was habt ihr zwei heute Abend vor?“

Christina hielt ein Fläschchen hoch, das mit winzigen rosa Kristallen gefüllt war, die im Licht schimmerten. „Sweet Tooth. Perfekt entwickelt, um dir die ganze Nacht lang die Euphorie jeder nur denkbaren ausgelassenen Verdorbenheit zu geben. Bist du dabei?“

„Nein, danke.“ In diesen Tagen gab es nur eine Sache, nach der ich mich sehnte, und das war keine neue Droge. Ich kramte in meiner kleinen Rucksacktasche nach meiner Haarklammer, um meine verschwitzten Locken zu einem lockeren Dutt zu binden (und Ro einen besseren Zugang zu verschaffen, damit er meinen Hals küssen konnte), als ich bemerkte, wie mich Naomi anstarrte. „Ja?“

„Nichts.“ Sie wandte sich ab und trug erneut ihren schimmernden Lipgloss auf. „Du hast gesagt, wir würden etwas trinken gehen. Einen Drink.“

„Ich habe gelogen“, meinte Christina. „Sonst hättest du nie Feierabend gemacht.“ Sie entkorkte das Fläschchen und ließ einen Hauch von Zuckerwattegeruch frei. „Eine Nacht zum Ausrasten. Life at Full Tilt, weißt du noch?“

Ich wettete zehn Dollar, dass Christina einen aussichtslosen Kampf kämpfte. Naomi war so fest zugeknöpft, dass man zum Öffnen ihres Spaß-Levels einen Satz Dietriche, ein Montiereisen und etwas WD40 brauchte. Ich tätschelte meine Frisur und wartete darauf, dass ihre Debatte endete, damit ich Christinas neue Telefonnummer bekommen konnte. Den Kontakt wieder aufnehmen konnte, jetzt, da mein Leben ein bisschen stabiler war, was lustigerweise sogar mit der Dämonenjagd als Zusatz stimmte.

„Ich muss noch ein paar Recherchen für einen Gerichtstermin abschließen.“ Selbstgefälliger Tonfall, die Nase in der Luft, Naomi hatte ihr nerviges Talent nicht verloren, alles, was sie tat, soooo wichtig klingen zu lassen.

„Geringfügiges Erscheinen vor Gericht“, murmelte ich. Sie war Rechtsanwaltsgehilfin, nicht Geschworenenrichterin.

Christina klopfte ein paar Mal mit dem Finger gegen das Fläschchen, um das Pulver von den Seiten zu lösen. „Halt's Maul, oder ich werde die Autos von euch beiden zerkratzen.“

Ich rang mir ein Lächeln ab. „Alles zurückgenommen.“ Christina war schon immer gut darin gewesen, die Dinge zu Ende zu bringen. „Hey Chris, ich habe deine aktuelle …“

„Die Anwälte machen mich in Windeseile zur Partnerin. Man erwartet, dass ich in Rekordzeit zum Partner werde.“ Naomi legte den Kopf schief, ihre Stimme triefte vor falscher Bescheidenheit. „Ich will nichts davon vermasseln. Das kann ich nicht. Das ist zu wichtig für mich. Tut mir leid, Chris.“ Der sehnsüchtige Blick, den sie auf das Fläschchen warf, war nur kurz, aber er entging mir nicht.

Ich grub meine Nägel in meine Haut. Hier würde ich meine einzige gute Tat in dieser Nacht vollbringen. „Es ist okay, sich ab und zu zu entspannen.“

„Ich könnte mir vorstellen, dass du das weißt.“ Naomi wandte sich von ihrem Spiegelbild ab und schaute mich mit verblendeter Aufrichtigkeit an. „Hast du immer noch Ferien von der Uni?“

Im Vergleich zu den nervigen Männern, mit denen ich auf Dämonenjagd war, und meiner Mutter war Naomi eine Amateurin. Mein Lächeln blieb an Ort und Stelle. „Ich bin in der Sicherheitsbranche“, erklärte ich. Retterin der Menschheit, ich.

„So was wie Einkaufspolizistin? Schön für dich.“

Okay, also nicht ganz so sehr Retterin der Menschheit, denn wenn ein Curupira gerade versuchen würde, ihr das Hirn auszusaugen, würde ich ihm auf jeden Fall zeigen, wo man am besten zugreift.

Mein Lächeln wurde breiter, ich ließ meine Zähne aufblitzen.

Christina drängte sich zwischen uns und schlug mir warnend gegen die Hüfte. „Du kannst deine Anwaltsarbeit morgen fertig machen.“ Sie schüttete die Hälfte der Kristalle in ihre Hand. „Das ist wie der beste Fick und die beste Schokolade auf einmal.“

„Pass auf, dass Nava es nicht stiehlt.“ Naomi schraubte die Kappe wieder auf ihren Gloss.

„Herrgott, Naomi, komm endlich darüber hinweg. Ich habe dir Sean nicht ausgespannt. Du warst nicht mit ihm zusammen und hast nicht mal mit ihm geschlafen.“

„Ich habe jedes Wochenende mit ihm verbracht und ich mochte ihn.“

„Du hast jedes Wochenende mit deiner ganzen Wochenend-Kriegergruppe verbracht. Außerdem war sein Flirten nicht gerade subtil. Wenn du ein Problem damit gehabt hättest, dass wir an diesem Abend zusammen weggegangen sind, hättest du den Mund aufmachen können.“

„Als ob du mir zugehört hättest.“

„Genug.“ Christina hob die Hand. „Naomi ist eine verklemmte Schlampe und Nava ist eine Partyhure. Haben wir das jetzt geklärt?“

„Als ob Nava ihre Hurerei auf einen Bereich beschränkt, aber sicher.“ Naomi wischte sich eine Spur von Gloss von ihrem Lippenwinkel.

Meine Magie glitt durch meine Adern und flüsterte süße Nichtigkeiten wie „weidet sie aus.“ „Du weißt nichts über mich, Naomi, also schieb dir deine kleinen Witze in den Arsch.“

„Ich weiß, was ich sehe“, schniefte sie hochnäsig. „Wenigstens habe ich Ziele.“

„Na und? Du hast das Klippenspringen gegen die Arbeit eingetauscht. Was für eine Entwicklung. Christina, gib mir deine neue Nummer.“

Sie hielt einen Finger hoch und winkte Naomi mit dem Fläschchen zu. „Es macht nicht süchtig und man bekommt keinen Kater. Ich habe es schon ein paar Mal genommen, also ja, ich weiß es aus erster Hand. Es ist auch viel weniger gefährlich als der Scheiß, den du früher gezogen hast, und du wirst keine seltsamen blauen Flecken haben, die du deiner verklemmten Firma erklären musst. Es wird einfach eine lustige Nacht, die dich gestärkt zurücklässt und vorbereitet, die Höhen der Anwaltswelt zu erklimmen. So, ich denke, ich habe Ihre Einwände entkräftet, Frau Anwältin.“ Sie leckte die Droge von ihrer Handfläche ab. „Außerdem schmeckt es wie Zuckerwatte.“

Nach dieser öffentlichen Bekanntmachung gab sie mir ihre Telefonnummer.

Kaum hatte ich sie, ließ ich mein Handy in die Tasche fallen und den Verschluss zuschnappen. „Ausgezeichnet. Ich werde dich anrufen. Und was dich angeht, Naomi, ich gehe jetzt zurück zu meinem Freund und vergesse, dass du existierst.“

Naomi begann tatsächlich zu schnauben. „Wem hast du ihn denn diesmal ausgespannt?“

Ich schenkte ihr ein eisiges Lächeln. „Lauf weiter in diesem Hamsterrad. Wenn du schnell genug rennst und genug erreicht hast, merkt vielleicht niemand, dass du überhaupt keine Persönlichkeit hast. Du bist nur ein Junkie, der von ihrer Unsicherheit und Wut zusammengehalten wird und verzweifelt nach einem Kick sucht, der dir das Gefühl gibt, lebendig zu sein.“

Christina schnappte nach Luft.

Ach, Scheiße. Ich wandte den Blick von den beiden Gesichtern ab, während meine Finger an dem Brilliantverschluss herumfummelten. So etwas geschieht, wenn ich Dinge unterdrücke. Rumgekotze und emotionales Gemetzel.

„Fick dich. Du hast keine Ahnung, wie hart ich arbeite.“ Naomis Stimme bebte.

Calvin Harris‘ This Is What You Came For ertönte und ich zuckte bei der Erinnerung daran zusammen. Christina, ich und ein paar andere waren zum Chillen in die Wohnung zurückgegangen, die sie mit Naomi in der Nähe des Campus teilte. Der Song dröhnte leise aus den Lautsprechern und die Luft war mit dem süßen Geruch von Gras vernebelt.

Es war die Zeit am Abend, zu der die Leute es sich gemütlich machten und sich über vergangene Erlebnisse unterhielten. Ich hatte ihnen von meinem Debüt im Lincoln Center erzählt, damals in der High School. Der ganze Raum war still gewesen, außer mir und dem Song, und ja, der Glanz der Bewunderung in ihren Augen hatte den ständigen Schmerz ein wenig gelindert. Stepptanz war in dieser Zeit ein so trauriges Thema für mich und es war schön, sich an diesem Abend an die Höhen und nicht nur an die Tiefen zu erinnern.

Naomi war mit leuchtenden Augen hereingeplatzt und hatte lautstark von einem verrückten Abenteuer erzählt, das sie gerade erlebt hatte. Das letzte war schon verrückt gewesen, aber dieses? Sie hatte mich zur Seite geschubst, damit sie neben Christina sitzen konnte, aber auf der Couch war nicht genug Platz, so dass sie mich stattdessen halb zerquetschte. Sie hatte die ganze Luft aus dem Raum gesaugt, was unsere gute Stimmung völlig zerstörte, und meine Erzählung zunichtemachte. Ich habe nie verstanden, warum alle ihr nicht nur das Rampenlicht gönnten, sondern sich auch noch von ihr bezaubern ließen.

Ich hielt den Mund, weil es sinnlos war, etwas gegen sie zu sagen, und griff nach dem Joint im Aschenbecher, um ihn mir anzuzünden.

Naomi hatte gewartet, bis ich einen Zug genommen hatte. „Oje, Little Miss Gimme. Du bekommst wohl nie genug.“ Und das von der Frau, die sich gerade selbst mitten in einer Geschichte über BASE-Jumping unterbrochen hatte. Sich von Gebäuden zu stürzen und Schluchten mit einer Slackline zu überqueren, das war schon cool, aber sie war eine riesige Heuchlerin, wenn sie mir vorwarf, zu übertreiben.

Ihre Crew nannte sich selbst die Full Tilt Gang, um Himmels Willen. Die Hälfte der Stunts, die sie machten, waren illegal, also war ihre moralische Überlegenheit auf Treibsand gebaut.

Christina hatte mir ein mitfühlendes Lächeln zugeworfen, aber die anderen hatten unfreundlich gekichert. Vor nicht einmal zehn Minuten hatten sie mich noch für die coolste Person der Welt gehalten und jetzt hatte Naomi sie völlig gegen mich aufgebracht. Naomi hatte gegrinst, den Arm ihrer Freundin genommen und sie in ein Gespräch verwickelt, das meine Existenz vergessen ließ.

Genauso wie sie jetzt Christinas Arm umklammerte, nicht so sehr besitzergreifend, sondern vielmehr zur Abwehr.

Mir wurde mulmig im Magen. Ich hatte in der Vergangenheit schon viele schlaue Sprüche losgelassen, aber meine Bemerkung gegenüber Naomi war eine Nummer zu weit gegangen. Ich wollte andere nicht mehr absichtlich verletzen. Ich wollte Gutes in der Welt bewirken.

Ich wollte in dieser Welt das Gute sein.

„Naomi, es tut mir leid. Ich sollte nicht in der Vergangenheit herumstochern. Aber du verdienst einen freien Abend“, entschuldigte ich mich. „Die Erde wird sich weiterdrehen. Die Anwälte schuften bis zum Umfallen und im Gegenzug bekommst du keine interessanten Aufgaben, kein Lob und kein Leben. Außerdem bist du lächerlich klug. Ich bin sicher, du kannst die Punkte auf deiner Lakaienliste in Rekordzeit abarbeiten. Nimm das Zeug, oder nimm es nicht, aber amüsiere dich heute Abend. Normalität ist wichtig.“

Naomi entriss Christina das Fläschchen und rollte mit den Augen. „Ich brauche dich nicht, um mir zu sagen, wie ich Spaß haben kann. Ich habe mir diesen Scheiß patentieren lassen.“

So viel zu meinem aufrichtigen, von Herzen kommenden Versuch, freundlich zu sein, Bellatrix.

Christina kreischte und klatschte in die Hände, während Naomi die Kristalle aufleckte. In ihrer Aufregung bemerkte sie nicht, dass, als Naomi das Fläschchen wegwarf, noch etwas auf dem Boden zurückblieb.

Vorsichtiges Vergnügen steht also auf dem Speiseplan. Was auch immer für sie funktionierte. Was mich betraf, so winkte ich Christina zum Abschied zu, schloss die Tür und schob mich an einer Gruppe plappernder Frauen vorbei, die hereinströmten.

Rohan wartete am Ende des kurzen Ganges, der zu den Toiletten führte, auf mich. Sein schiefes Grinsen besänftigte mich.

„Hal-lo“, sagte Christina, die mir gefolgt war. „Diesen Typen könnte ich die ganze Woche rannehmen.“

„Das haben schon viele Frauen gesagt, die Augen im Kopf haben“, bemerkte ich. „Ja, er ist der absolute Hingucker. Aber er ist weit mehr als nur ein heißer Körper.“

Christina warf mir einen prüfenden Blick zu. „Woher weißt du das?“

„Das ist mein Freund.“

Naomi blieb der Mund offen stehen und sie starrte Rohan an. „Das kann nicht sein. Der ist mit dir zusammen?“

Um fair zu sein, sein moosgrünes Hemd betonte seine breiten Schultern und seinen schlanken, muskulösen V-förmigen Körper. Es war, als hätten seine ostindischen/jüdischen Gene bei seiner Zeugung ein Gipfeltreffen einberufen, um ein Maximum an Unglaublichem auszuhandeln. Er war großartig, aber was für mich zählte? Sein Humor, mit dem er mir um zwei Uhr morgens Smoothies mixte, die er nach unseren Dämonenkills benannte – der Tezcatlipoca Mocha Blast war mein Favorit – die Mühe, die er sich gemacht hatte, um Ari und Leo kennen zu lernen, und der unerschütterliche Glaube an seine Überzeugungen, selbst als er mir half, tiefer in die Bruderschaft einzudringen, waren noch attraktiver. Verdammt, ich respektierte ihn.

„Also, Baby“, rief ich. „Wir passen zwar nicht zusammen, aber wir gehen.“

Rohan zeigte mit dem Finger auf mich und wir seufzten alle drei.

„Ich habe dich unterschätzt“, meinte Naomi.

„Ja“, erwiderte ich. „In mehr als einer Hinsicht.“ Ich umarmte Christina zum Abschied mit dem gegenseitigen Versprechen, uns bald wiederzusehen, und machte mich auf den Weg zu meinem Mann.

Rohan legte einen Arm um mich, drehte sich zu den beiden Mädels um und gab mir einen Kuss auf den Kopf. „Geht‘s dir gut?“

Ich baute auf seinen beständigen Trost. „Perfekt.“

Die ersten Töne von George Michaels Freedom setzten ein und er zerrte mich auf die Tanzfläche, wo wir uns an den anderen Tänzern vorbei in die Mitte drängten. Er fasste mich um die Taille und sang mir ins Ohr, dass es Wege in den Himmel und in die Hölle gäbe, während wir uns im Takt der Musik bewegten und mit den Hüften und Armen wackelten.

Ich war leichter als Luft, verankert auf dieser sterblichen Ebene durch das Rauschen in Rohans Stimme und die sanften Berührungen seiner Finger durch den dünnen Stoff meines Tanktops. Ich streichelte seine Wange und er schmiegte sich gegen meine Hand. „Hast du dich selbst beglückt, Snowflake?“, fragte ich und bezog mich dabei auf den Songtext.

„Das habe ich. Das bin ich.“ Doch während er von Freiheit sang, lag mehr in der Eindringlichkeit seiner Stimme als nur gefühlvolles Karaoke.

„Hat es sich so angefühlt, als du die Band verlassen hast? Als hättest du deine Freiheit zurück?“

Er zog mich an sich und zwang mich, auf seinem harten Schenkel zu reiten, wobei ich den schmutzigsten aller Tänze vollführte. Cuntessa de Spluge war im siebten Himmel. „Ich dachte, heute Abend sind alle ernsthaften Gespräche verboten“, bemerkte er.

„Ja. Ernsthafte Gespräche über den aktuellen Bruderschafts-Hexen-Scheiß sind während des Dates verboten“, bestätigte ich, und meine Hüfte bewegte sich in einem langsamen, gleichmäßigen Rhythmus mit seiner.

„Aber in meiner Vergangenheit herumschnüffeln?“

„Das geht auf jeden Fall.“ Mein Atem beschleunigte sich und ein Funke flammte in meinem Inneren auf.

„Netter Versuch. Pool?“, schlug er vor, als der Song zu Ende war und mir die Freude an der Bewegung nahm.

„Du gefühlloser Mistkerl.“

Er lehnte sich vor, seine Lippen streiften mein Ohr. „Ich will, dass du dich verzweifelt nach mir sehnst.“

„Deine Arroganz lässt das nicht zu.“

„Doch, das tut sie.“ Er wackelte auf übertriebene Weise mit den Augenbrauen.

Ich zeigte ihm den Finger und stolzierte von der Tanzfläche.

Wir gingen an Naomi vorbei, die gerade die Füllung in einem Jungs-Sandwich war. Sie hatte sich ihrer Jacke entledigt und trug nur noch ein Spitzenmieder. Offensichtlich war die Zeit reif. Christina lächelte ihr von außerhalb der zusammengeklebten Körper zu, aber ihr Gesichtsausdruck war ein wenig angestrengt. Ich konnte es ihr nicht verübeln. Naomi war in Rekordzeit von ‚Nein‘ zu ‚Huiii!‘ übergegangen, und sie war dafür bekannt, dass sie Christina abservierte, sobald es interessantere – oder gefährlichere – Objekte der Begierde gab.

Ich lief voraus, um mir einen Billardtisch zu schnappen, und warf mich praktisch mit dem ganzen Körper darüber, bis mich Rohan einholte. Ich reichte ihm einen Queue. „Still meine Neugierde. War es eine Erleichterung, Fugue State Five loszuwerden? Hast du dir jemals gewünscht, es wieder zu haben oder zumindest eine neue Version davon?“

Wirst du bald davonlaufen?

Sein Blick wurde distanziert. „Manchmal … Es hat sich angefühlt, als würde ich mit einer Schlinge um den Hals leben. Wenn ich wieder Musik schreiben, wieder auftreten müsste, es wäre nie wieder dasselbe. Ich wäre nicht mehr derselbe.“

„Was hat sich geändert?“

Er holte ein paar Kugeln aus der Ecktasche und rollte sie über den grünen Filz, damit ich sie einsammeln konnte. „Die Zeit. Heilt alle Wunden, nicht wahr?“

Rohan hatte schon immer eine dunkle Seite, die sich mit den Folgen des Ruhms und dem Dämonenmord an seiner Cousine Asha noch verschlimmert hatte. Seine persönlichen Dämonen waren erst kürzlich bei unserer Mission in Prag in den Vordergrund getreten und hatten sich bei seinem Auftritt in Pakistan noch verstärkt, so dass ich bezweifelte, dass er plötzlich ein Ausbund an geistigem Wohlbefinden war, aber ich nickte.

Er tippte mir auf die Nasenspitze. „Mach dir keine Sorgen, Fünkchen. Ich werde nicht zurück in die Dunkelheit gehen.“

Davon war ich auch nicht überzeugt. Nicht, wenn man bedenkt, wie zielstrebig Rohan in den letzten Wochen das Geheimnis gelüftet hatte, was bestimmte Mitglieder der Bruderschaft so getrieben hatten. Aber das war Teil des heutigen Verbots ernste Rasha-Themen anzuschneiden, also verdrängte ich diesen Gedanken.

Vielleicht zerbrach ich mir zu viel den Kopf über all das. Außerdem brauchte ich meine volle Konzentration, um ihn zu schlagen. Rohan war äußerst wettbewerbsorientiert.

Es wurde immer später, die Musik schneller, die Menge betrunkener. Obwohl ich wieder einmal von einem verirrten Ellbogen angerempelt wurde, versenkte ich drei Kugeln in Folge. Ich kreidete meinen Billardqueue und starrte auf die Acht. „Brauchst du ein Safewort, Baby? Denn wenn ich die versenke und dich ein zweites Mal fertig mache, könnte das mehr wehtun, als du verkraften kannst.“

Rohan ließ seine Handfläche neckisch über meinen Bauch gleiten. „Versuch's doch.“

„Meine Lieblingswette.“ Ich setzte meinen Queue leicht schräg an und versenkte die Acht mit einem befriedigenden Klackern. Ich reichte Rohan meinen Billardqueue. „Tut es weh? Sei ehrlich.“

Er stellte unsere beiden Queues zurück in die Wandhalterung. „Ein bisschen, um ehrlich zu sein.“

„Gut. Ich möchte, dass du morgen früh daran denkst. Vergiss nicht, wem du gehörst.“ Ich klatschte ihm auf den Hintern und lachte über den spöttisch-skandalisierten Gesichtsausdruck von Rohan.

Er packte mich am Handgelenk, zog mich zu sich heran und küsste mein Ohrläppchen. „Solltest du dich nicht wie eine gute Freundin um mich kümmern und mir den Schmerz nehmen?“ Seine Worte gingen runter wie ein Rinnsal aus Honig.

Ich verdrängte die Erinnerung an seine Ex Lily, die ihm den Schal zurechtrückte und sich auf dutzende kleine Arten um ihn kümmerte, als wir alle in Prag gewesen waren.

Ohne dass sie darum gebeten werden musste.

Wenn man die Welt durch die Grease-Linse betrachtete, was wirklich die einzig nützliche Vergleichseinheit war, war Lily Sandy und ich Rizzo. Rohan behauptete, er wollte Rizzo, also hätte er wissen müssen, dass die Vorstellung von mir auf einer Sandy-Skala des Guten lächerlich war. Ich blickte aus halb geschlossenen Lidern zu ihm auf. „Hast du etwas Bestimmtes im Sinn, du verwundetes Muttersöhnchen?“

„Da fragst du noch?“ Er gab mir ein Zeichen, ihm Luft zu zufächeln.

„Ja, klar.“

„Es ist so heiß“, jammerte er, nahm meine Hände und bewegte sie wirkungslos auf und ab. Es war so schwül in dem Club, dass meine Haut dort, wo er mein Handgelenk hielt, klebrig war. „Ich weiß, wir sind hier in der Wildnis Kanadas, aber wissen diese Leute wirklich nicht, wie man eine Klimaanlage benutzt?“

Lachend blies ich ihm Luft zu. „Armes, verwöhntes L.A.-Baby.“

Ich gab ihm mit einem Winken zu verstehen, mir zu folgen, löste die Kette, die den Zugang zu einer kleinen Treppe versperrte, und führte ihn hinauf. Oben befand sich ein kleiner Balkon mit Blick auf die hintere Hälfte der Tanzfläche und eine der Bars. Die Tür dahinter war geöffnet worden, um die Sommernacht hereinzulassen. Eine Sirene schrillte durch die Gasse, ihre blinkenden Lichter prallten an den Hauswänden ab.

„Sich mit Türstehern anzufreunden, hat seine Vorteile.“ Ich setzte mich auf die Bank und kicherte, als Rohan sein Gesicht der Brise zuwandte, als wäre er ein Hund, der seinen Kopf aus dem Fenster streckt.

Bootylicious begann, und ja, ich sang mit. Rohan verspottete mich mit einem: „Klingt, als wäre das deine Hymne“, aber ich ließ mich nicht davon abbringen, den Song phonetisch schön wiederzugeben.

Das heißt, bis zum Refrain, als Rohan sich zu drehen begann und Moves vollführte, die denen von Queen Bs Backgroundtänzern würdig waren. Zappelnd kam er näher, bis er seine Hüften in einer langen, langsamen Rolle nach oben schob und mit der Hand über seine harten Bauchmuskeln fuhr. Sein Hemd hatte sich hochgeschoben und entblößte einen Teil seiner braunen Haut, die ich nur zu gern lecken wollte. Seine Hand glitt tiefer und tiefer, gefährlich nah an seiner Taille entlang, dann noch tiefer.

Ich saß da und gaffte.

Rohan sprang auf die Bank, die Füße auf beiden Seiten von mir. Er warf den Kopf hin und her, wippte mit den Schultern und grinste. Er klammerte sich mit einer Hand an das polierte Goldgeländer hinter mir, wackelte mit dem Hintern und ging immer tiefer, wobei sein Falsettgesang perfekt klang.

Leck. Mich. Wo kam das auf einmal her?

Rohan rieb sich einmal, zweimal an mir und ich stürzte mich auf ihn, wobei unsere Münder aufeinanderprallten. Er schmeckte nach Anissamen und Gin, sein Mund war kühl von dem Eis, das er die ganze Nacht über geknuspert hatte.

Ich öffnete die Augen und suchte nach einer tieferen Verbindung. Ich suchte nach einer Bestätigung, dass er hier bei mir war und dass dies real war, und dass die Stimmen, die ihren Unglauben darüber äußerten, ob wir wirklich ein ‚Wir‘ waren, vertreiben konnten.

Etwas blitzte im Licht des Clubbereichs unter mir auf und ich hielt inne.

Rohans Augen öffneten sich flatternd. „Hey“, murmelte er.

Ich lehnte mich an ihm vorbei und schaute auf die Bar hinunter.

Der Barkeeper riss Naomi eine Flasche aus der Hand. Eine von Naomis Händen war wie eine Klaue gekrümmt und ihre Mimik war zu einem Knurren erstarrt. Für eine Sekunde entspannte sie sich, ihre Schultern sackten zusammen. Auch der Barkeeper entspannte sich, doch dann riss sie ihm die Flasche aus der Hand und versetzte ihm einen Schlag auf den Kopf. Er stolperte rückwärts gegen die Bar, ein paar Flaschen fielen über seine Schulter und zersprangen in Lichtblitzen auf dem Boden.

Ich stieß Ro von mir, rappelte mich auf und schoss die Treppe hinunter.

Die meisten Gäste waren in ihre eigenen Angelegenheiten vertieft. Sie hatten nicht meinen Adlerblick auf den Club und das Gedränge war zu groß, als dass irgendjemand, der sich nicht in unmittelbarer Nähe der Bar befand, den Angriff hätte beobachten können. Ungeduldig drängte ich mich durch die schwatzende, flirtende Masse, bis ich die Bar erreichte.

Der gepflegte Barkeeper presste sich einen blutigen Lappen an die Schläfe und lehnte sich so weit wie möglich von Naomi weg. Glassplitter lagen auf seinen Schultern und der Alkohol rann in klebrigen Rinnsalen an seinem Hemd hinunter.

Naomi saß mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem Tresen, und wippte mit ihrem schlanken Knöchel. Dann kippte sie sich eine Flasche Bombay Sapphire hinter. Neonlichter zuckten über die blaue Glasflasche, die mit dem Blut des Barkeepers beschmiert war. Nach einem einzigen, beunruhigend langen Schluck schüttelte sie, heftig zuckend, die letzten Tropfen in ihren Mund.

Zu meinem Entsetzen, biss sie daraufhin in das Glas und leckte den restlichen Gin auf, ohne sich um das Blut zu scheren, das aus ihrem Mund tropfte und ihr psychotisches Grinsen unterstrich.

Ich stand wie erstarrt da, mein Herz raste. Keine Ahnung, wie ich dieses abgefuckte Szenario jemals verarbeiten sollte.

Naomis Grinsen weckte in mir die Erinnerung an all die Male, in denen sie mir das Gefühl gegeben hatte, nicht gut genug zu sein. Ich hatte schon viel Schlimmeres erlebt, aber in ihrem Blick lag so eine alles durchdringende Intimität, als wüsste sie genau, wer ich war und dass ich meine Schwächen nie überwunden hatte, dass mein vergangenes Ich die Kontrolle über mein Gehirn übernommen hatte. Ich erstarrte.

Jemand schrie genau in dem Moment, als die Musik ausfiel, den Bann brach und die Tanzfläche ins Chaos stürzte. Ich rannte zu Naomi, aber mein Freund Max, einer der Türsteher hier im Club, erreichte sie vor mir.

Mit sachlichem Gesichtsausdruck, während sie ihre blutige Zunge um einen messerscharfen Teil des Flaschenhalses wickelte, um einen verirrten Tropfen Alkohol aufzufangen, erklärte sie Max in aller Ruhe, dass der Barkeeper versucht hatte, ihr den Weg abzuschneiden, und dass dies alles andere als ‚Full Tilt‘ gewesen sei.

Max war schon immer die Ruhe in Person gewesen, selbst als er eine Messerstecherei vor der Eingangstür beendete. Doch als ich sah, wie diesem 1,90 Meter großen Mann jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen war und er sein Telefon so fest umklammerte, dass das Display splitterte, wurde mir eiskalt.

Wenn er nicht damit umgehen konnte, wer dann? Ich straffte die Schultern. Die Vergangenheit war Vergangenheit. Ich war eine Rasha und mittlerweile in jeder Hinsicht viel stärker. Ich rüttelte mich innerlich und schritt zur Tat. Ich riss das Handy aus Max‘ Klammergriff und wählte den Notruf. Dann warf ich ihm das Telefon zurück und schrie ihm ein: „Sprich mit ihnen“ zu.

Das Licht brach sich auf dem zersplitterten Flaschenhals, als Naomi mit dem Daumen darüber strich, wobei sie mich nicht aus den Augen ließ. Blut und Gin tropften von ihrem Kinn und schlängelten sich an ihrem Schlüsselbein hinunter, um ihr Oberteil mit einer grausig schönen Blüte zu beflecken. „Nava, Nava, Nava. Wie immer eine Spaßbremse.“

Ich konnte meine Magie nicht einsetzen. Es waren zu viele Leute da. Ich schluckte und trieb mich selbst dazu an, näher heranzugehen. „Naomi, stell die Flasche ab.“

Sie rümpfte die Nase über mich und fuchtelte mit dem zerbrochenen Glas herum. Ich trat einen Schritt zurück, damit sie mir nicht den Hals aufschlitzen konnte. Sie nahm noch einen Schluck, aber als sie feststellte, dass die Flasche leer war, ließ sie sie auf den Boden fallen, wo sie zerschellte.

Scherben flogen herum. Eine schnitt mir in den Knöchel und ich fluchte.

Unbeeindruckt griff Naomi nach dem stehengelassenen Bier eines Fremden und trank einen Schluck.

Ich streckte meine Hand nach dem Glas aus und drehte meinen Körper etwas, damit sie den anderen Türsteher nicht sehen konnte, der sich langsam von rechts näherte. Max, der immer noch telefonierte, behielt uns wachsam im Auge. „Okay, gut. Wie wäre es dann, wenn du teilst?“

Ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich. „Du musst anderen immer etwas wegnehmen, nicht wahr?“

Scheiß drauf. Ich stürzte mich auf sie und sprang dann zurück, als sie Blut erbrach, schwankte und wie ein Sack Kartoffeln zu Boden ging.

Der zweite Türsteher fing sie auf, bevor sie auf dem Boden aufschlug, wobei ihr der Bierkrug aus der Hand fiel und über den Boden rollte. „Was. Zur. Hölle?“ Seine Pupillen waren so geweitet, dass seine Iris praktisch verschwand.

Jede Wette, dass die Antwort „Dämonen“ lautete, denn selbst angesichts der Fentanyl-Krise, die mein geliebtes Vancouver heimgesucht hatte; diese Situation war viel zu perfide, als dass nur die menschliche Bosheit dahinterstecken konnte, aber ich brauchte einen Beweis.

Ich überließ Naomi der Obhut von Max und diesem anderen Türsteher und sprintete zur Toilette.

Als ich meine Hand in den Haufen nasser Papierhandtücher im überquellenden Mülleimer tauchte, verzog ich das Gesicht, und betete, dass sie nur von Wasser durchnässt waren und nicht von etwas, das eine Tetanusspritze erforderte. Ich musste meinen Arm bis zum Anschlag hineintauchen, bevor meine Finger endlich das Fläschchen ertasteten. Als ich es herausgezogen hatte, war ich erleichtert, dass sich trotz des offenen Deckels noch etwas von der Droge darin befand. Ich knüllte ein trockenes Papiertuch zusammen, um es als Stopfen zu verwenden, und versiegelte damit die Substanz.

Vorsichtig stellte ich es auf das Waschbecken und desinfizierte meinen Arm mit brühendem Wasser und einer Unmenge an Seife. Als ich wieder in den Hauptteil des Clubs zurückkam, hatte man das Licht eingeschaltet und die Angestellten leiteten die verwirrten Gäste zum Ausgang, wobei sie ihr Bestes taten, um sie vom Gaffen abzuhalten.

Zwei Sanitäter schnallten die liegende Naomi auf eine Bahre.

Christina stand daneben, die orangefarbene Rettungsdecke, die auf ihren Schultern lag, rutschte von der Heftigkeit ihres hysterischen Anfalls halb herunter. Rohan hatte seinen Arm um sie gelegt, sein Kopf war dicht an ihrem, er redete auf sie ein. Sie klammerte sich an die Vorderseite seines Hemdes.

Ich rannte zu ihnen hinüber, mir war eiskalt. Christina hatte die gleiche Droge genommen wie Naomi. Die Droge, die sie dazu gebracht hatte, Glas zu kauen und Menschen aufzuschlitzen. Und Rohan stand direkt neben ihr.

Als ich sie erreichte, kam ich mir wie eine Idiotin vor. Christinas Augen waren leer und weit aufgerissen, sie zeigten keine Anzeichen von dem Wahn, in den Naomi verfallen war. Sie war einfach nur verängstigt und als ich meine Hand auf ihre Schulter legte, fiel sie mir in die Arme, schluchzte und wiederholte immer wieder „Es tut mir leid.“

„Ich werde sehen, ob ihr ein Sanitäter ein Beruhigungsmittel geben kann“, flüsterte Rohan mir ins Ohr.

Ich ergriff seine Hand. „Sag ihnen, dass sie Sweet Tooth genommen hat. Sie sollten wissen, dass sie nichts einnehmen darf, was damit in Wechselwirkung stehen könnte.“ Er nickte und ich verschränkte meine Finger mit seinen und drückte sie kurz. Er schenkte mir ein mitfühlendes Lächeln und ging dann davon.

Ich strich Christina das Haar glatt und registrierte geistesabwesend, wie er den Raum durchquerte, um mit den Ersthelfern gleichzuziehen, als sie die Trage herausbrachten. Die Bahre, auf der Naomi festgeschnallt war. Naomi, die mich noch vor einer Stunde im Badezimmer beschimpft hatte und die nicht so regungslos daliegen sollte. Es ist nicht deine Schuld.

Es war die Schuld von uns beiden. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich Blei im Magen. Schlimm genug, dass ich Naomi mit meiner Andeutung, einen Stock im Arsch zu haben, ermutigt hatte, sich den Abend freizunehmen, aber sie wegen ihrer Vergangenheit zu verspotten und sie dazu zu bringen, etwas zu tun, von dem sie nicht überzeugt war? Ich hatte das Universum herausgefordert und das Universum hatte mir in den Arsch getreten.

Christina wandte ihr tränenüberströmtes Gesicht in meine Richtung. „Warum hat es diese Wirkung auf sie und auf mich nicht? Was habe ich ihr nur angetan?“

Gute Fragen, auf die ich keine Antworten hatte. Und doch. Nur bei einer Sache war ich mir absolut sicher. Wenn das ein verdammtes Dämonenprodukt war, dann würde ich denjenigen, der dafür verantwortlich war, jagen und die Ausgeburt der Hölle mit meinen bloßen Händen vernichten. Ein schwacher Trost, aber ich würde nehmen, was ich kriegen konnte.

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